Juli 2014 / Gewerbepark Regensburg

Effzienz - Massstäbe zur Auswahl von Gewerbeflächen

Grünes Arbeitsumfeld am Gewerbepark-See

Ein Praxisleitfaden von Geschäftsführer Roland Seehofer

Die richtige Gewerbeimmobilie ist ein Schlüsselfaktor im Wettbewerb. Deshalb empfiehlt es sich, den Blickwinkel nicht auf den Preis zu verengen. Auch die Grundriss-Qualität, der technische Background und das Umfeld zählen. Eine aktuelle Studie des ZIA (Zentraler Immobilien-Ausschuss) und CoreNet Global zeigt, warum diese Bewertung „Chefsache“ ist: Unternehmensimmobilien bedingen mit bis zu 20 Prozent den zweitgrößten Kostenblock nach dem Personal. Laut Andreas Pfnür, Leiter des Fachbereichs Immobilienwirtschaft und Bau-BWL der TU Darmstadt, könnte die Wirtschaft durch ein professionelles Corporate Real Estate-Management und die verstärkte Nutzung von Mietflächen „jährlich rund 178 Milliarden Euro freisetzen“.

Bezieht man den Eigenbestand an Betriebs- oder Bürogebäuden mit dem laufenden Pflege- und Verwaltungsaufwand in eine nüchterne Rendite-Analyse ein, so wird man beim „Produktionsfaktor“ Gewerbeimmobilie kaum Erträge feststellen, die den Zielgrößen im operativen Geschäft nahe kommen.

Die Ziele
Grundsätzlich zu reflektieren ist zunächst, ob liquide Mittel in Eigenimmobilien gebunden oder besser für die Produkt- und Marktentwicklung freigesetzt werden sollen. Hier unterscheiden sich die Philosophien deutlich: Während in den USA schon zur Jahrtausendwende mehr als 60 Prozent der Unternehmen Flächen angemietet hatten, lag die Quote in unserer mittelständisch geprägten Volkswirtschaft um ca. 20 Prozentpunkte niedriger. Inzwischen steigt jedoch auch in Deutschland der Anteil der Unternehmen, die nach Bedarf flexible Flächen anmieten und den Eigenbestand abbauen.

Da Standort- und Immobilien-Analysen nur in größeren Zeitabständen anstehen und sich Entscheider zu Recht auf ihre Kernaufgaben konzentrieren, sind sicher einige grundlegende Erfahrungen aus der Branche hilfreich. Sie haben sich auch in der jahrzehntelangen Praxis unserer Gruppe in der Entwicklung und aktiven Verwaltung zentraler Handels- und Dienstleistungsstandorte bestätigt.

Während für Industrieflächen viele individuelle Faktoren gelten, die sich nur schwer vergleichen und deshalb in diesem Rahmen kaum diskutieren lassen, sind für Büro und Dienstleistung sowie nicht zuletzt für die Forschung und Entwicklung im Regelfall folgende Kernkriterien relevant:

Die Lage
Auch in der Online-Ära bleibt eine zentrale Lage mit optimaler Anbindung an leistungsfähige Verkehrssysteme zwingend: Autobahnen, Bundesstraßen, ÖPNV, Flughafen… Wobei eine etwaige „Abkoppelung“ im Zuge mittelfristiger Infrastruktur-Planungen der Kommunen oder Gebietskörperschaften mit ins Kalkül zu ziehen ist. Dies gilt ebenso für latente, eventuell wachsende Widerstände der Bürger gegen Verkehrslasten.

Bei der innerörtlichen Orientierung scheinen auf den ersten Blick markante Schnittpunkte (stark befahrene Kreuzungen, Ausfallstraßen) mit „Schaufenster-Wirkung“ oder betont repräsentative Lagen (historische Substanz, verkehrsberuhigte Zonen) interessant. Im Alltag zeigt sich jedoch häufig,  dass viele dieser Objekte zwar gut sichtbar, aber schlecht erschlossen sind (schwierige Anfahrt, kaum Stellplätze, nur Kurzparkzonen). Zudem sind die unverzichtbaren Stellplätze für Kunden/Klienten oft teuer. In ungünstigen Fällen addiert sich dadurch ein zusätzlicher Kostenblock von mehr als einem Euro pro m2 Mietfläche und Monat auf.

Ideal ist eine verkehrstechnisch günstige Lage, die zugleich weitere Erfolgsfaktoren vereint: etwa einen hohen Bekanntheitsgrad mit positivem Image-Transfer, Synergieeffekte durch etablierte Adressen mit regem Publikumsverkehr in der Nachbarschaft oder auch zeitgemäße Servicestrukturen (siehe „Das Umfeld“).  Diese Qualitäten können deutlich zum Unternehmenserfolg beitragen.  

Die Struktur
Selbst in einem idealen Umfeld gilt allerdings für Shops, Büros oder Praxen gleichermaßen: Starre Strukturen gefährden über kurz oder lang positive Entwicklungen, während variable Grundrisse die Flächeneffizienz erhöhen. So lässt sich mit professioneller Planung und modernen, modularen Konzepten der Raumbedarf pro Kopf deutlich reduzieren und zugleich die immer wichtigere Team- und Projektarbeit optimieren.

Auch mit Blick auf beschleunigte Markt- und Innovationszyklen ist ein möglichst großer Gestaltungsspielraum wichtig: Schließlich können sich während der Nutzung eines gewerblichen Gebäudes oder innerhalb der typischen Laufzeit eines Mietvertrages (meist fünf oder zehn Jahre) die Organisation oder sogar das Geschäftsmodell grundlegend verändern, was bei ungünstigen Raumstrukturen zu einem Umzug zwingen würde. Gewöhnlich ist aber eine langfristige Nutzung wünschenswert, da sich so der Ausbauaufwand  günstiger verteilt. Bei einem Bauprojekt in eigener Regie gilt dies allerdings nicht: Hier ist eine zeitliche „Streckung“ der Investition kaum machbar; vielmehr fallen zusätzliche Vorlaufkosten an.

Speziell im Einzelhandel kommt noch ein wichtiger Aspekt hinzu: So weisen Shopping Center für den im Wettbewerb - gerade auch mit dem E-Commerce  - gefragten „Erlebniseinkauf“ aufwendigere Strukturen mit einer besseren Flächen-Produktivität auf. Mit den Einzugsradien und Frequenzen erstklassiger Lagen differieren auch die Umsatzpotenziale – gewiss ein elementares Ansiedlungskriterium.

Die Technik
Die technischen Strukturen, die möglichst auch für zukünftige Standards offen sein sollten, verlangen  nach einer besonderen Kompetenz der beauftragten Planungs- und Ingenieurbüros. Installations-, Energie- oder Kühlkapazitäten dürfen ebenso wie die Daten- und Kommunikationsnetze die Entwicklung von Unternehmen nicht limitieren. Vielmehr sollten professionelle Verwaltungsteams und rechnergestützte Systeme (Beleuchtung, Schließung, Brandschutz etc.) dazu beitragen, dass sich beim Neubezug noch scheinbar unauffällige Nebenkosten nicht zur gefürchteten „zweiten Miete“ aufaddieren. Pauschalierte Nebenkosten können hier vor unliebsamen Überraschungen schützen.

Das immer komplexere Innenleben moderner Immobilien bedingt zwangsläufig adäquate Kauf- oder Mietpreise: Einfachere Backup-Büros für Verwaltungsabläufe lassen sich natürlich kostengünstiger realisieren und betreiben als Einheiten für die Forschung & Entwicklung. Labor- oder Klinikräume erfordern einen höheren Installationsaufwand für Sanitär/Wasser, Klima oder Filterung als klassische Büros. Und bei Verkaufs- und/oder Logistikflächen sollten die Traglasten von Böden oder Aufzügen, die Eignung für Hochregale oder verfügbare Laderampen in den Preisvergleich eingehen.

Sondereffekte sind zudem bei manchen Praxen, Kliniken, Versicherungen etc. zu bedenken: Entfällt der Umsatzsteuerabzug, so muss dies der Immobilienentwickler kalkulieren und kompensieren.

Das Umfeld
Last but not least rückt mit den demografischen Verschiebungen eine „neue“ Anforderung in den Fokus: Umfragen bestätigen ebenso wie die tägliche Praxis, dass Serviceeinrichtungen maßgeblich zur Akzeptanz von Standorten beitragen: Einkaufsangebote, eine bezahlbare, abwechslungsreiche Gastronomie, Fitness-Studios, medizinische Versorgung, Bank,  Autoverleih oder -werkstätte…

Qualifizierte Nachwuchskräfte wählen ihre Jobs nicht mehr allein nach den Einkommensperspektiven aus. Angesichts steigender Anforderungen im Job  und der geforderten Mobilität erwarten Bewerber/-innen im Gegenzug kurze Wege, eine gute Raumausstattung und Atmosphäre, Weiterbildungs- oder Gesundheitsprogramme und andere Angebote für eine vernünftige Work-Life-Balance. Bei jungen Eltern oder Alleinerziehenden, die nach der Baby-Pause ihre berufliche Laufbahn fortsetzen, wird auch eine praxisgerechte, also zeitlich flexible und möglichst auch über Urlaubs- und Ferienphasen hinweg gesicherte Kinderbetreuung nah am Arbeitsplatz auf der Wunschliste stehen.

Zugleich werden viele Kunden es honorieren, wenn sie ihre Termine sinnvoll koordinieren können.

Der Preis pro m2 Nutz- oder Mietfläche kann somit nicht das ausschlaggebende Kriterium sein. Mehr denn je muss bei einem Standort-Ranking das gesamte Preis-/Leistungsverhältnis bewertet werden.



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